Was Sie jetzt zur Arbeitszeiterfassung wissen müssen
Das Bundesarbeitsgericht hat sein umstrittenes Stechuhr-Urteil konkretisiert. Die Pflicht zur Zeiterfassung gilt nach Aussage des Gerichts damit ab sofort. Dennoch ist die Verunsicherung unter Arbeitgebern groß: Wie müssen Arbeitszeiten dokumentiert werden? Für wen gilt die Zeiterfassung genau? Und was passiert bei Verstößen?
Was hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?
Bereits Mitte September 2022 hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Grundsatzurteil entschieden, dass Unternehmen die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten systematisch erfassen müssen. Das deutsche Arbeitszeitgesetz sah bis dato keine allgemeine Verpflichtung zur Aufzeichnung der Arbeitszeit vor, nur Überstunden mussten dokumentiert werden.
Das Urteil der Erfurter Richter ließ aus Arbeitgebersicht jedoch viele Fragen offen. Deshalb wollten viele Unternehmen erst die Begründung des Urteils abwarten, bevor sie aktiv werden.
Diese Begründung hat das BAG nun abgegeben und zwei Punkte hat das höchste deutsche Arbeitsgericht nun klargestellt.
- Beim Erfassen müssen Anfang und Ende der Arbeitszeit festgehalten werden. Nur die Arbeitsdauer zu erfassen – nach dem Motto: Montag: acht Stunden, Dienstag: neun Stunden –, reicht nicht aus.
- Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gilt nicht für die Frage, ob die Arbeitszeit erfasst wird, denn das folgt bereits aus dem Gesetz. Allerdings darf der Betriebsrat bei der Frage mitreden, wie die Arbeitszeit erfasst wird.
Durch das Urteil besteht für alle Unternehmen eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. Wer die Arbeitszeiten jetzt nicht umfassend erfasst, befindet sich im rechtswidrigen Zustand, d. h. Wer sich als Arbeitgeber noch keine Gedanken darüber gemacht hat, wie er das Gesetz umsetzt, sollte das schleunigst nachholen.
Wie müssen Betriebe die Arbeitszeit festhalten?
Wie die Arbeitszeit erfasst wird, kann heutzutage sehr unterschiedlich geregelt werden – von der App bis hin zur handschriftlichen Aufzeichnung. Das Gericht hat nicht definiert, wie die Zeit genau zu erfassen ist. Es ist nur wichtig, dass ein System etabliert und eingerichtet wird. Bei Unternehmen mit Betriebsrat muss dieser bei der Ausgestaltung einbezogen werden.
Auch für Branchen und Mitarbeiter mit hoher Arbeitsbelastung gilt, dass sie ihre Arbeitszeit ab jetzt erfassen müssen. Selbst Manager – unterhalb der Geschäftsleitungsebene – müssen dokumentieren, wie lange sie arbeiten. Von dem Urteil und seiner Begründung unbetroffen ist die Frage, ob die zu viel geleisteten Arbeitsstunden auch bezahlt werden.
Vertrauensarbeitszeit soll laut Politik weiter möglich sein. Zum Beispiel, indem Arbeitgeber die Pflicht zur Zeiterfassung an Mitarbeiter delegieren und diese nur stichprobenartig kontrollieren.
Gibt es Ausnahmen bei der Arbeitszeiterfassung für kleine Unternehmen?
Eine Ausnahme für kleine Betriebe wie zum Beispiel Start-ups existiert bislang nicht. Auch das Arbeitsministerium hat bereits angedeutet, keine Ausnahmen für bestimmte Arten von Unternehmen oder Arbeitnehmer machen zu wollen. Allenfalls wird es die Möglichkeit geben, abweichende Regelungen über Tarifverträge zu treffen.
Wer kontrolliert die Arbeitszeiterfassung?
Zuständig für die Kontrolle der Arbeitszeiten sind in der Regel die Gewerbeaufsichtsämter. Diese prüfen, ob die Anforderungen an die Messung der Arbeitszeiten im Unternehmen erfüllt sind. Falls nicht, ordnen sie mit einer bestimmten Frist an, hier nachzubessern. Kommt ein Unternehmen dieser Aufforderung nicht nach, wird ein Bußgeld fällig.
Voraussichtlich im ersten Quartal 2023 wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen praxistauglichen Vorschlag für die Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung im Arbeitszeitgesetz machen. Bis dahin dürfen wir gespannt sein.
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